Markttrend: Schnellerer Wechsel von Hinterhof- zu Intensivhaltung von Geflügel

Sektor
14 Juni 2021

Mit zunehmender Kaufkraft steigt der Fleischkonsum, vor allem von Geflügel. Laut Frank Hartmann ist dies der Moment für Schwellenländer, in ihren Geflügelsektor zu investieren. 

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In den Industrieländern erfreut sich die vegetarische Lebensweise großer Beliebtheit; das gilt jedoch nicht für die gesamte Welt. Tatsächlich nimmt der Verbrauch von Milch- und Fleischprodukten pro Jahr um 2,1 % bzw. 1,9 % zu. Diese Zunahme ist doppelt so hoch wie das Bevölkerungswachstum. Zumindest war dies der Trend bis zum Ausbruch der weltweiten Pandemie. Das größte Wachstum beim Verbrauch tierischer Erzeugnisse geht von den Schwellenländern aus. Für die Bevölkerung in diesen Ländern ist das oft eine positive Entwicklung. Es bedeutet, dass sich ihre Lebensqualität verbessert und ihr Einkommen steigt, sodass sie sich Fleisch und Milchprodukte leisten können. Diese Entwicklung beobachten wir vor allem in Afrika sowie in bestimmten Teilen Asiens. In diesen Regionen steht die Fleischproduktion vor einem Wandel.

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Die Kaufkraft verändert die Ernährung

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist man sich einig: Die Entwicklung der Kaufkraft pro Einwohner bestimmt den Fleischkonsum in einem Land. Viele Industrieländer haben jedoch einen Sättigungspunkt in ihrem Fleischkonsum erreicht. Die Kaufkraft armer Länder wird hingegen noch erheblich steigen, sodass der Fleischkonsum dort zunehmen wird.

Die Beziehung zwischen dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf und
dem Verbrauch von Produkten tierischen Ursprungs – Quelle: The Economist

Deshalb sehen wir immer noch einen Aufwärtstrend, was die Anzahl der Tiere angeht. Weltweit wird die Zahl der Wiederkäuer von 4,1 Milliarden (2015) auf 5,8 Milliarden (2050) ansteigen. Für Geflügel wird ein noch schnelleres Wachstum erwartet. Dieses voraussichtliche Wachstum ist eine große Herausforderung für den Agrarsektor, denn die verfügbaren Flächen und Rohstoffe sind nicht unbegrenzt. Die Effizienz der Landwirtschaft muss also weltweit verbessert werden und wir müssen unter anderem Ernteerträge und Futterverwertung optimieren.

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Größter Anstieg der Nachfrage bei Geflügel

Der Fleischkonsum nimmt zu, aber warum ist der Verbrauch von Geflügelfleisch so hoch? Dafür gibt es viele Gründe. So spielt sicherlich der niedrigere Preis eine große Rolle. Außerdem ist Geflügel einfach und schnell zuzubereiten und das Fleisch ist fettarm und eiweißreich. Auch punktet Geflügelfleisch bei der CO2-Bilanz. Hinzu kommt, dass es in den meisten Religionen Tradition ist, Geflügel zu essen. Dieses Wachstum lässt sich durch zahlreiche soziokulturelle Faktoren und Umwelttrends erklären, die sowohl für Industrie- als auch für Schwellenländer gelten. 

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Investitionen in die Geflügellieferkette

Die Schwellenländer müssen sich auf diese wachsende Nachfrage infolge einer anspruchsvolleren Ernährung vorbereiten. Denn die alleinige Abhängigkeit von Importen schafft kaum Arbeitsplätze und hat keinen fördernden Effekt auf die Wirtschaft eines Landes. Die FAO geht davon aus, dass sich die Zahl der Hühner in Afrika bis 2050 vervierfachen wird. Das bedeutet 7 Milliarden Hühner. Die Haltung von Hühnern im „Hinterhof“ wird sich in den kommenden Jahren zu einer intensiveren Geflügelhaltung entwickeln, die entscheidend zur Ernährung der Bevölkerung beiträgt. Daraus folgt die Umstellung der Fütterung von Küchenabfällen auf kommerzielles Futter. Futtermittelfabriken werden daher immer wichtiger.

Da die Städte wachsen und ihre Bewohner über ein Einkommen verfügen, das ihnen die Ernährung mit tierischen Proteinen erlaubt, spielen die Lieferketten eine immer bedeutendere Rolle. Zuchtbetriebe, Brütereien, Tierärzte, Transport, Schlachthöfe usw. – die gesamte Lieferkette muss aufgebaut werden. Die Regierungen der Länder steuern die Entwicklung, weil sie neue Investitionen mit Subventionen fördern. Wenn diese Länder das Geflügel-Know-how der Industrieländer nutzen, sind sie in der Lage, diese Umstellung schneller zu vollziehen.

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In den afrikanischen Ländern Senegal und Nigeria ist diese Entwicklung bereits in vollem Gange. Zwischen 2000 und 2019 ist die Zahl der Hühner im Senegal von 24 auf 60 Millionen bereits beträchtlich gestiegen. Zum Schutz ihrer Investitionen müssen Geflügelhalter beispielsweise systematisch gegen die Newcastle-Krankheit und die Gumboro-Krankheit impfen. NMA Sanders in Dakar (Senegal) ist ein florierender Geflügelintegrator und Einzelhändler, der jedes Jahr mehr Geflügelfutter produziert (122 000 Tonnen 2017 und 140 000 Tonnen 2018). In Nigeria ist der Anteil von Mais als Futtermittel 2015 auf 1,8 Millionen Tonnen angestiegen. 2003 waren es 300 000 Tonnen im Jahr. In einigen Ländern Afrikas hat daher dieser Übergang bereits begonnen. Die Lieferkette organisiert sich entsprechend, um auf die steigende Nachfrage nach Geflügelfleisch vorbereitet zu sein.

Fazit: Mit moderner Agrartechnik die Kontrolle übernehmen 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schwellenländer die Fleisch- und insbesondere die Geflügelproduktion hochfahren und auf kommerzielle Landwirtschaft umstellen. Dies ist im Wesentlichen auf drei Aspekte zurückzuführen. 

  1. Der erste Aspekt bezieht sich auf eine bessere Lebensqualität mit höherem Einkommen sowie eine Veränderung der soziokulturellen Vorliebe bei der Lebensmittelauswahl hin zu mehr Fleischkonsum. 
  2. Der zweite Aspekt betrifft den voraussichtlichen schnellen demografischen Anstieg des Bevölkerungswachstums in den Schwellenländern. 
  3. Der dritte, ebenfalls demografisch bedingte Aspekt ist die weltweit höhere Urbanisierungsrate, die bis 2050 auf etwa 70 % geschätzt wird.
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Die Einführung moderner Agrartechnik in den Schwellenländern bietet auf mehreren Ebenen Vorteile. 

  1. Auf der ersten Ebene verhilft sie diesen Regionen zu einer besseren wirtschaftlichen Souveränität, indem sie die Abhängigkeit von Importen verringert, für mehr Ausgewogenheit im internationalen Handel sorgt und neue Arbeitsmöglichkeiten in der gesamten Lieferkette schafft. 
  2. Auf der zweiten Ebene verbessert die Automatisierung die Effizienz der Produktion. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden durch Optimierung der genutzten natürlichen Ressourcen gemindert. 
  3. Die dritte Ebene – die heutzutage sehr relevant ist und eine globale Perspektive besitzt – ist Biosicherheit. Moderne Agrartechnik und Automatisierung tragen dazu bei, die Risiken der Entstehung und Verbreitung von Tierkrankheiten erheblich zu reduzieren, indem sie hohe Hygienestandards gewährleisten und den Kontakt mit Schädlingen, Zugvögeln und externen Verunreinigungen verhindern.

Aus diesen Gründen müssen die Schwellenländer auch in Zukunft moderne Agrartechnik als Hauptkatalysator nutzen, um den zunehmenden Konsum von Geflügelprodukten in Übereinstimmung mit den entwickelten Märkten und anderen landwirtschaftlichen Branchen zu unterstützen.